Acht Kühe für Jonny Lingos Frau

Richard Clark
Als ich nach Kiniwata segelte, nahm ich einen Notizblock mit, und als ich zurückkam, war er vollgeschrieben mit Aufzeichnungen über Fauna und Flora, über die Bekleidungen der Eingeborenen und über ihre Sitten und Gebräuche. Aber die einzige Aufzeichnung, die mich noch immer interessiert, ist die, die besagt: „Johnny Lingo gab Saritas Vater acht Kühe“. Und ich muss diese Notiz nicht einmal geschrieben vor mir sehen; ich denke immer an sie, wenn ich einen Mann sehe, der von seiner Frau herabgewürdigt wird, oder eine Frau, eingeschüchtert durch die Verachtung ihres Mannes. Dann drängt es mich, ihnen zu sagen: „Ihr solltet wissen, warum Johnny Lingo acht Kühe für seine Frau bezahlte.“
Johnny Lingo war nicht sein wirklicher Name. Es war Shenkin, der Besitzer des Hotels auf Kiniwata, der ihn so nannte. Shenkin kam aus Chikago und amerikanisierte aus irgendwelchen Gründen die Namen der Inselbewohner. Johnny jedoch wurde von vielen Leuten immer wieder in allen möglichen Zusammenhängen erwähnt. Wenn ich ein paar Tage auf der Nachbarinsel Nurabandi verbringen wollte, so könnte Johnny mich unterbringen. Wenn ich fischen wollte, so könnte Johnny mir zeigen, wo die besten Stellen im Meer seien. Wenn ich Perlen suchte, so würde er mir sicherlich die besten und preiswertesten beschaffen. Die Leute von Kiniwata sprachen alle mit Hochachtung von Johnny Lingo. Jedoch, sie lächelten, wenn sie über ihn sprachen und dieses Lächeln war immer ein wenig spöttisch.
„Du musst nur Johnny Lingo fragen, wenn du etwas brauchst, und lass ihn für dich den Handel machen,“ riet mit Shenkin, Johnny weiß zu verhandeln“.
„Johnny Lingo!“ Ein Junge der daneben saß, rief den Namen aus und schüttelte sich dabei vor Lachen.
„Was geht da vor sich?“ fragte ich. „Ihr alle ratet mir, mich unbedingt an Johnny Lingo zu wenden, und dann fangt ihr an zu lachen. Kann mich jemand in diesen Spass einweihen?“
„Oh, die Leute lachen eben gern“, sagte Shenkin schulterzuckend. „Johnny ist der gescheiteste und der stärkste junge Mann auf diesen Inseln, und der reichste in seinem Alter“.
„Aber wenn er all das ist, was gibt es denn da zu lachen?“
„Nur eines. Es war vor fünf Monaten, an unserem Herbstfest, als Johnny Lingo nach Kiniwata kam, um sich eine Frau zu nehmen. Er bezahlte ihrem Vater acht Kühe.“
Ich wusste genug über die Gebräuche auf den Inseln, um beeindruckt zu sein. Für zwei oder drei Kühe bekam man eine ziemlich gute Frau und für vier oder fünf eine ganz beachtliche.
„Mein Gott“, sagte ich. „Acht Kühe! Sie muss eine atemberaubende Schönheit sein.“
„Sie ist nicht hässlich,“ räumte er ein und lächelte ein wenig. „Aber selbst der wohlwollendste könnte Sarita allenfalls als durchschnittlich bezeichnen. Sam Karoo, ihr Vater, musste schon befürchten, dass sie immer bei ihm bleiben würde.“
„Acht Kühe für sie, ist das nicht ziemlich außergewöhnlich?“
„Das ist noch nie von irgendjemand bezahlt worden.“
„Und du sagst, Johnnys Frau ist nicht mehr als durchschnittlich?“
„Ich sagte, es wäre wohlwollend, sie durchschnittlich zu nennen. Sie war dünn, sie ging mit hängenden Schultern und hängendem Kopf. Sie fürchtete sich vor ihrem eigenen Schatten.“
„Nun“, sagte ich, „die Liebe hat wohl keinen festen Preis.“
„Richtig,“ sagte der Mann zustimmend. „Und genau deshalb grinsen die Leute aus dem Dorf, wenn sie über Johnny Lingo reden. Es gibt ihnen so etwas wie eine ganz bestimmte Befriedigung, zu denken, dass der gescheiteste Händler der Inseln von dem alten einfältigen Sam Karoo übertölpelt wurde.“
„Aber wie kann das geschehen?“
„Niemand weiß es, und alle fragen sich. All seine Vettern rieten Sam, zuerst drei Kühe zu verlangen, dann eine Weile bei zweien zu verharren und sich schließlich mit einer Kuh zufrieden zu geben. Dann kam Johnny zu Sam Karoo und sagte: „Vater der Sarita, ich biete dir acht Kühe für deine Tochter.“
„Acht Kühe,“ murmelte ich. „Diesen Johnny Lingo möchte ich kennen lernen.“
Ich brauchte Fisch und ich wollte Perlen kaufen, also landete ich am nächsten Nachmittag mit meinem Boot auf Nurabandi. Und als ich nach dem Weg zu Johnnys Haus fragte, bemerkte ich, dass sein Name kein heimliches Lächeln auf die Lippen der Einwohner von Nurabandi brachte. Und als ich dann den schlanken, ernsten jungen Mann sah, als er mich mit großer Höflichkeit begrüßte und in seinem Haus willkommen hieß, war ich erleichtert, dass seine eigenen Leute ihm mit ungeteiltem Respekt begegneten. Wir saßen in seinem Haus und sprachen. Dann fragte er. „Sie kommen von Kiniwata?“
„Ja.“
„Spricht man über mich auf jener Insel?“
„Man sagt, dass es nichts gibt, was Sie nicht besorgen könnten.“
Er lächelte sanft. „Meine Frau kommt von Kiniwata.“
„Ja, ich weiß.“
„Spricht man über sie?“
„Ein wenig.“
„Was sagt man?“
„Nun, nur ...“ Die Frage brachte mich etwas aus dem Gleichgewicht, man hat mir gesagt, dass Sie am letzten Herbstfest geheiratet haben.“
„Sonst nichts?“ Sein Gesicht zeigte mir, dass er wusste, dass da noch mehr sein musste.
„Man sagt, dass der Brautpreis acht Kühe betragen hat.“ Ich hielt inne. „Und man fragt sich, warum?“
„Das fragt man sich?“ Seine Augen leuchteten vor Freude. „Alle in Kiniwata wissen von den acht Kühen?“
Ich nickte.
„Und alle in Nurabandi wissen es auch.“ Seine Brust weitete sich vor Genugtuung. „Für alle Zeiten, wenn man über Brautpreise spricht, wird man sich erinnern, dass Johnny Lingo acht Kühe für Sarita bezahlt hat.“
Das ist also die Antwort, dachte ich: schlichte Eitelkeit.
Und dann sah ich sie. Ich sah wie sie ins Zimmer trat und Blumen auf den Tisch stellte. Sie blieb einen Moment lang stehen und lächelte dem jungen Mann neben mir zu. Dann ging sie schnell wieder hinaus. Sie war die schönste Frau, die ich je gesehen hatte. Die Bewegungen ihrer Schultern, die Haltung ihres Kopfes, das Leuchten in ihren Augen, alles verriet Stolz, den man ihr nicht versagen konnte.
Ich wandte mich wieder zu Johnny Lingo und bemerkte, dass er mich beobachtet hatte.
„Sie bewundern sie?“ murmelte er.
„Sie ... sie ist wunderbar. Aber sie ist nicht Sarita aus Kiniwata,“ sagte ich.
„Es gibt nur eine Sarita. Vielleicht sieht sie nicht mehr aus wie in Kiniwata.“
„Nein. Ich hörte, sie sei unscheinbar. Alle machen sich darüber lustig, dass Sie sich von Sam Karoo übervorteilen ließen.“
„Denken Sie, acht Kühe waren zu viel?“ Ein Lächeln war auf seinen Lippen.
„Nein, aber wie ist es möglich, dass sie so verändert ist?“
„Haben Sie je darüber nachgedacht,“ fragte er, „was es für eine Frau bedeutet, dass ihr Mann den tiefsten Preis für sie ausgehandelt hat? Und dann später, wenn die Frauen gegenseitig darüber reden und prahlen, wie viel ihr Mann bezahlt hat. Die eine sagt vier Kühe, die andere vielleicht sechs. Wie fühlt sich dann die Frau, die für eine oder zwei gekauft wurde? Dies kann meiner Sarita nicht passieren.“
„Dann haben Sie es getan, um Ihre Frau glücklich zu machen?“
„Ich wollte, dass Sarita glücklich ist. Aber ich wollte mehr. Sie sagten, sie sei verändert. Das ist richtig. Vieles kann sich in einer Frau ändern. Dinge, die in ihrem Inneren vor sich gehen und solche, die äußerlich geschehen. Aber was wirklich zählt, ist, was sie über sich selbst denkt. In Kiniwata hat Sarita gedacht, sie habe überhaupt keinen Wert. Hier weiß sie, dass sie mehr wert ist als jede andere.“